Oft hilft das PECH-Schema

By: | Tags: | Comments: 0 | November 2nd, 2023

Wärme oder Kälte? Was bei welcher Verletzung zu empfehlen ist

Ein Kühlpack für das schmerzende Schienbein, das Wärmekissen für den verspannten Nacken: Helfen diese Methoden wirklich? Und was passiert dabei im Körper? Experten geben Antworten.
Ob geprellter Arm oder verknackter Fuß: Bei Verletzungen dieser Art sollte man das PECH-Schema anwenden. „Es steht für: Pause, Eis, Compression, Hochlagern“, erklärt Axel Klein.

Nach Darstellung des Vizepräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention gelte das beispielsweise nach einem schmerzhaften Tritt gegen das Schienbein beim Fußball: „Hier sollte man idealerweise das Schienbein hochlegen, eine straffe Binde anlegen, ein Coolpack auflegen und dieses mit einer leichten Binde fixieren.“

Kälte reduziert Schmerzen und Schwellungen
Schwellungen entstehen, weil kleine Blutgefäße beschädigt sind. Durch Kälte ziehen sich die Gefäße zusammen und verschließen sich rascher. „Auch die Weiterleitung der Schmerzsignale in Richtung Gehirn wird durchs Kühlen gehemmt“, erläutert Klein. „Es tut also nicht mehr so weh.“ Der Orthopäde und Unfallchirurg Thomas Gottfried empfiehlt, grundsätzlich bei allen akuten Verletzungen zu Kühlmitteln zu greifen – auch bei Quetschungen oder Frakturen. „Aber nie bei offenen Verletzungen.“

Doch bei der Anwendung ist Vorsicht geboten. Passt man nicht auf, kommt es schlimmstenfalls zu Erfrierungen an der Haut. Wie man Erfrierungen vorbeugt und verhindert „Es gibt zwei Kältereaktionen, die man spüren kann“, sagt Gottfried. Zunächst gebe es den ersten Kälteschmerz, der ganz normal sei und kein Grund zur Unterbrechung. „Dann gibt es einen Gewöhnungseffekt,
und es folgt der zweite Kälteschmerz.“ Hierbei müsse man aufpassen und die Kältezufuhr unterbrechen, um Erfrierungen vorzubeugen, schildert der Fachmann von der Deutschen Gesellschaft für
Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Dieser zweite Kälteschmerz sei ein Signal, dass die Körpertemperatur absinke: „Und das kann in gefährliche Bereiche gehen.“

Wenn man sich im Bereich von kalten Güssen oder kalten Wickeln bewege, bestehe im Normalfall keine Gefahr, so Gottfried. Bei Kühlmitteln wie Eisbeutel oder Eisgranulat, deren Temperatur etwa um den Gefrierpunkt liegt, empfiehlt er, sie 30 Minuten am Stück anzuwenden und dann eine Pause zu machen. „Wenn es sich um tiefgekühlte Eiskompressen handelt, sollte man unbedingt
ein Frotteetuch auf die Haut legen, damit es nicht zu Hautschädigungen kommt.“ Hier sollte man seinem Rat zufolge ungefähr 15 bis 20 Minuten lang kühlen.

Zwei Tage kühlen, dann ist Schluss
Eine recht unbedenkliche Variante: „Man kann immer wieder einen Eiswürfel über die Stelle reiben“, sagt Klein. So sei der Körper keiner dauerhaften Kühlung ausgesetzt, aber man habe immer wieder einen schmerzstillenden Effekt. Der Fachmann empfiehlt, eine verletzte Stelle maximal zwei Tage lang immer wieder zu kühlen. „Spätestens ab dem dritten Tag will man den Stoffwechsel
eher wieder anregen, damit das Gewebe möglichst gut durchblutet.“ Dabei sei zu viel Kälte hinderlich.

Kühlmittel können unter diesen Voraussetzungen gut zuhause ohne medizinische Hilfe angewendet werden. Allerdings gibt es Ausnahmen: „Aufpassen sollte man bei bestimmten Krankheitsbildern – zum Beispiel bei Durchblutungsstörungen und Kälteempfindlichkeiten“, sagt Gottfried. Gleiches gelte bei Formen der Sensibilitätsstörung, weil die Warnmechanismen außer Kraft gesetzt seien: „Die Betroffenen spüren den Kälteschmerz oft nicht.“

Wärme macht Gewebe weich und öffnet die Gefäße
Auch die Anwendung von Wärme – zum Beispiel in Form von Kirschkernkissen, Wärmflaschen oder Rotlichtlampen – kann Beschwerden lindern. Allerdings nicht bei akuten Verletzungen. Wärme hat den Effekt, das Gewebe weicher zu machen“, erklärt Gottfried. Das helfe bei Überlastungssyndromen wie einem starken Muskelkater. „Auch bei Gewebeverklebungen oder Vernarbungen ist Wärme geeignet – sie kann bei allen Bindegewebsveränderungen hilfreich sein.“ Wärme öffnet die Gefäße und macht sie weiter.

So wird die Durchblutung im Körper verbessert. Außerdem hat Wärme eine schmerzlindernde Wirkung. „Deshalb werden Wärmemittel auch bei Menstruationsschmerzen oder chronischen
Entzündungen gerne eingesetzt“, so Gottfried.

Rote Flecken und Schmerz sind Warnsignale
Wenn durch die Wärme rote Flecken auf der Haut entstehen, ist das grundsätzlich nicht gefährlich. Ein Problem ist es, wenn noch Schmerz dazukommt. „Dann kann durchaus schon eine Verbrennung ersten Grades vorliegen“, sagt der Experte. Sie sei reversibel, heilt also ohne bleibende Schäden ab. Aber dennoch: Schmerz in Kombination mit Rötungen sollte immer als Warnsignal betrachtet werden.

Klein empfiehlt, bei Wärmeanwendungen unbedingt immer auf das eigene Gefühl zu hören. „Es sollte eine angenehme Wärme sein“, sagt der Orthopäde und Sportmediziner. „Viel hilft viel“ sei in diesem Fall die falsche Devise. Ein Heizkissen oder eine Rotlichtlampe sollte man seinem Rat zufolge lieber mehrmals am Tag nutzen, als einmal von langer Dauer. „Vorsicht ist bei frischen Infekten geboten“, ergänzt Gottfried. „Dann kann Wärme eine zu starke Belastung für den Körper sein.“

dpa